Untergetaucht um aufzutauchen

Die Erinnerungen Buris an seine Zeit im Versteck, Amsterdam, Herengracht 401

Am 15. Oktober 1944 wird während einer Razzia der dritte und vierte Stock an der Herengracht 401 in Amsterdam von der ´grünen Polizei´ durchsucht. Es ist nicht auszuschließen, dass es sich um Verrat handelt. Als der Offizier mit seinen Schergen die Wohnung auf der dritten Etage betritt, sitzen dort am Esstisch Gisèle van Waterschoot van der Gracht, Wolfgang Frommel, Claus Victor Bock, Reinout Vreijling. Auf dem Tisch liegt ein Band mit Nietzsche-Aphorismen, aus denen Wolfgang gerade anlässlich von Nietzsches Geburtstag vorgelesen hatte. Hätte der Offizier gezählt, hätte er einen überflüssigen Stuhl entdeckt, dessen Kissen wohl noch warm war. Hätten die Schergen Hunde bei sich gehabt, hätten sie  das Klavier angebellt. Darin kauerte Buri, der kurz zuvor noch am Tisch saß, einer von drei permanenten Untertauchern des Hauses Herengracht 401, das im Untergrund unter dem Decknamen Castrum Peregrini bekannt war. Die Runde war so überrascht vom Überfall der Polizei, dass Claus, Untertaucher Nummer 2, es nicht mehr rechtzeitig in sein eine Etage höher gelegenes Versteck schaffte, wo zu diesem Zeitpunkt Untertaucher Nummer 3, Guido Theunissen, sicher verborgen war. Claus hätte zum Verschwinden nicht einmal das Treppenhaus benutzen müssen, er wäre binnen weniger Sekunden mittels einer geheimen Leiter im Einbauschrank durch eine Luke geschlüpft. Auf wunderbare Weise wird keiner der drei Untertaucher und der anderen Anwesenden verhaftet. Die Rettung wird den charismatischen, gar magischen Fähigkeiten Wolfgang Frommels zugeschrieben.

Dies wissen wir aus Augenzeugenberichten, aus den 1982 erschienen Erinnerungen von Claus Victor Bock (Untergetaucht Unter Freunden. Ein Bericht. Amsterdam 1942-45, Castrum Peregrini Presse in mehreren Auflagen) und aus dem gerade 2009 posthum erschienenen Ich gab Dir die Fackel im Sprunge, W.F. Ein Erinnerungsbericht von Friedrich W. Buri, herausgegeben von Stephan C. Bischof, Verlag für Berlin Brandenburg, 2009.

Stephan Bischof hat als Erbe der Schriften Buris das Werk sorgfältig herausgegeben und mit einem Nachwort sowie einem Personenregister versehen. Aus dem Nachwort erfahren wir, dass der Erinnerungsbericht in den Jahren 1986 bis 1993 entstand. Es sind Erinnerungen Buris an sein eigenes Leben, im besonderen an die Beziehung zu seinem Erzieher, Lebensretter und Dichterfreund Wolfgang Frommel und an Gisèle, in deren Wohnung er im Versteck lebte und mit der ihn ein inniges, wenn auch problematisches Liebesverhältnis verband. Der Bericht endet unmittelbar nach dem II. Weltkrieg, als sich die Wege der Untertauchergemeinschaft vorerst trennten.

Adolf Friedrich Wongtschowski, genannt Buri, wird 1919 in Mainz als Sohn deutsch-jüdischer Eltern geboren und wächst in Frankfurt am Main auf. 1933 begegnet er dort während seiner Malerlehre Wolfgang Frommel, der damals beim Südwestrundfunk die Abteilung Wort leitete, schriftstellerisch tätig war und einen Freundeskreis im Geiste Stefan Georges unterhielt. Die Freundschaft mit Frommel bewegt Buri dazu, trotz des wachsenden politischen Drucks, nicht mit seiner Familie nach Brasilien auszuwandern. Als die Situation in Deutschland schliesslich für den Juden Buri zu gefährlich wird, besorgt Frommel ihm eine Ausreisegenehmigung nach Holland und dort ein Auskommen zuerst in Bilthoven, später auf der Qakerschule Eerde bei Ommen. Nach der Besetzung der Niederlande durch die Deutsche Wehrmacht im Mai 1940 zieht Buri in das Haus des Malerehepaares Charles und Karin Eyck in Limburg. Dies erste Versteck wird ihm vermittelt von der Malerin Gisele van Waterschoot van der Gracht, die den inzwischen ebenfalls emigrierten Wolfgang Frommel in Bergen Noord Holland kennen gelernt hat. Als 1942 mit der systematischen Verfolgung und Deportation aller Juden in den Niederlanden begonnen wird, erscheint das Haus der Eycks nicht mehr sicher genug. Gisele stellt Wolfgang Frommel ihre kleine Wohnung an der Amsterdamer Herengracht zur Verfügung und mit ihm den Untertauchern Buri und Claus. Zusammen mit dem Schreinermeister und Orgelbauer Guido Theunissen, der selbst untertauchen muss, werden Versteckplätze, geheime Kommunikationssysteme und Fluchtwege gezimmert.

Untergetaucht unter Freunden: links unten Buri, rechts von ihm Wolfgang FrommelDie Geschichte der Kriegsjahre liest sich wie ein wunderbares Märchen. Gisèle und Wolfgang schaffen im geheimen einen Lebensraum, der den Bedrohungen der Aussenwelt eine lebensbejahende, künstlerisch inspirierte, geheime Freundesgemeinschaft entgegensetzt. Der bekannte Bericht von Claus Victor Bock hat davon ein eindrückliches Bild gezeichnet. Bock hat in seinen gedruckten Erinnerungen das Erlebte bereits zu einem nüchternen, beinahe monolithischen ‚Bericht’ verarbeitet, sprachlich geschliffen und stilisiert. Buri dagegen schreibt seine Erinnerungen mit  ungeübter Feder, beinahe naiv. Manche  komplexe Schachtelsätze in ‚hohem Ton’ lassen jedoch die Schulung durch Frommel in den Kriegsjahren erkennen. Die Erzählung gibt ein unmittelbares Bild vom Miteinander im Versteck, den täglichen Sorgen der Nahrungsbeschaffung, den psychischen Spannungen, der kontemplativen Konzentration beim Dichten, Auswendiglernen, Abschreiben, dem nächtlichen Diktat und dem sozialen Umfeld der Untertaucher. Ja, auch das war ein Kunststück, das vor allem Wolfgang und Gisele zuzuschreiben ist: in der Bedrohung wuchs der Freundeskreis der Eingeweihten, der Freunde, der Komplizen, der Helfer.

Die Produktivität ist auffallend, das ständige Schreiben, Diktieren, Lesen, Zeichnen, das Ringen mit und um erwachende Liebe. Bei allen begreiflichen Spannungen und Nöten ist es beinahe nicht vorzustellen, wie immer die Interessen der Gemeinschaft über denen des Einzelnen standen. Lesenswert macht diese Erinnerungen die Unmittelbarkeit der Erzählung, die Verletzlichkeit, mit der der Autor sich vor dem Leser bloßlegt. Wo Claus Victor Bock selbst die Gefahr, die Bedrohung und das Scheitern stilisiert, da lässt Buri tatsächlich Verzweiflung fühlen. Sein Ringen um seine persönliche Freiheit von Frommel ist eindrücklich, beklemmend, auch in der ungebremsten Selbstbespiegelung. Wo Claus Victor Bock versucht, die Gesamtsituation zu beleuchten, objektiv zu sein, geht Buri immer von seiner eigenen subjektiven Erfahrung aus. Sie ist aufschlussreich für das Verständnis eines Kreises mit charismatischem Führer. Bei aller sprachlichen Schwerfälligkeit, bei allen Störgeräuschen eines ‚Egos’, das gewöhnt war, Primus Inter Pares zu sein: ein einzigartiger Lebenslauf, der die Keimzelle von Castrum Peregrini, das Leben um und mit Wolfgang und Gisèle im Versteck Herengracht 401 lebendig werden lässt und der in der Erinnerungsliteratur einen zentralen Ort einnehmen wird.

Met een korreltje zout

cimg3407Dit is het zoutvat en de pepermolen op de keukentafel van Castrum Peregrini. Sinds ik op de Herengracht kom (dat was voor het eerst eind 1999) staan ze daar en ik ben ervan overtuigd dat generaties voor mij hetzelfde zullen zeggen. Ik ben dol op die twee. Niet dat ik ze vaak gebruik. Maar zout en peper zijn sterke symbolen, de twee voorwerpen dragen een verhaal en ze staan gewoonweg mooi op die tafel (natuurlijk is de tafel ook een lemma waard, dat komt later wel eens). Zout is het symbool van zuivering en reiniging. In de bijbel geldt het zout als symbool van de verbinding tussen God en zijn volk. Peper is al bekend uit oude Indiase geschriften in het Sanskriet, waar het “pipali” genoemd werd. Via Perzië kwam het pepergebruik bij de oude Grieken terecht. De Romeinen noemden peper “piper”, waar ons woord peper direct van afstamt. Peper werd door de Arabieren in Europa ingevoerd. Het monopolie voor de peperhandel lag tot het eind van de 15e eeuw bij de Italiaanse handelssteden Venetië, Genua, Pisa en Florence. De VOC is onder andere ontstaan vanuit de behoefte van de Nederlanders om zelf peper te halen uit de wingewesten.

Terug naar ons zoutvaatje en de pepermolen. Op de pepermolen staat: W.F. 8.7.1982 gegraveerd. W.F. staat voor Wolfgang Frommel en op acht juli is zijn verjaardag. Hij was geboren in 1902, dus in 1982 werd hij 80 jaar oud. Hij stierf vier jaar later in 1986. Zou hij één van die types geweest zijn die bij ieder maaltijd meteen zout en peper eroverheen strooien voor ze proeven? Het zou bij hem passen, hij hield van pittig begrijp ik. Volgens mijn weten is de pepermolen een cadeau van William Hilsley, genoemd Billy, een van Wolfgangs eerste en oudste vrienden, nog uit zijn tijd in Berlijn. Wij hebben onlangs een hele briefwisseling tussen die twee in de nalatenschap van Claus Victor Bock gevonden. Er werd jarenlang beweerd dat die briefwisseling in de oorlog verloren was gegaan. Dat ze nu toch plotseling opduikt is een van de velen paradoxen van dit huis. (Lees meer over Billy, in William Hilsley, Musik hinterm Stacheldraht, Tagebuch eines internierten Musikers, 1940-1945, Berlin 2000).

Maar dan is er ook nog het zoutvat. Ik zou willen wedden dat dat uit Schloss Hainfeld in Oostenrijk stamt, het familiekasteel van Gisèle’s moeder. Gisèle zegt dat ze twee van die vaatjes herinnert uit haar jeugd, maar niet meer precies hoe het ene hier is gekomen of hoe het andere is verdwenen. cimg3083Het zou ook van haar vaders familie kunnen stammen, maar, zoals ze zelf zegt: “het ziet er helemaal niet Nederlands uit…”. Het is van tin en misschien uit de 17de eeuw. Een kleine 5 cm hoog met een doorsnede van 3 cm. Je moet de deksel opnemen en tussen twee vingers wat zout pakken en op je eten strooien. De dingen met een korreltje zout nemen is iets wat ik op de Herengracht heb geleerd. Ik ken weinig plekken waar zo veel en zo hard wordt gelachen als aan deze keukentafel, rond dit zout- en pepersetje. Het gaat er pittig en uitdagend aan toe en dat is dan vooral een teken van genegenheid. Alleen thema’s en mensen die echt raken zijn onderwerp van vermaak. Iedereen zal dat herkennen. Misschien weet iemand nog het fijne van de twee omschreven voorwerpen, hoe het echt in elkaar zit. Ik ben benieuwd!